Die Loverboy-Masche vor Gericht

Um die Loverboy-Masche von juristischer Seite zu betrachten, haben wir mit Sandra Norak gesprochen. Sandra ist Juristin, war aber selbst von der Loverboy-Masche betroffen. Heute engagiert sie sich für Aufklärung über Menschenhandel und (Zwangs-)Prostitution. Sie hat uns ihre juristische Sicht auf die Loverboy-Masche erklärt, schildert aber auch die großen Herausforderungen, denen Betroffene sich in einem Prozess aussetzen müssen. 

Die Loverboy-Masche ist nach §232 STGB Menschenhandel. 

"Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, [...] anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, [...] wenn diese Person ausgebeutet werden soll. [...]"

Die Loverboy-Masche hat keinen eigenen Straftatbestand, fällt aber als Form der Rekrutierung unter Menschenhandel. Das ist ein Offizialdelikt. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft initiativ Ermittlungen anstellen muss, wenn sie von einem Fall Kenntnis erlangt. Auch der Versuch ist schon strafbar! Wenn du also an einen Loverboy gerätst, aber die Masche früh genug erkennst, kannst du ihn trotzdem anzeigen! Wichtig ist, dann alle Chatverläufe und andere mögliche Beweise zu sichern. Unter dem Tatbestand “versuchter Menschenhandel” kann der Täter dann verurteilt werden.

Ein Loverboy ist nach §181a STGB ein Zuhälter, wenn er… 

"eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben, und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen."

Relevante Beweise

"Um einen Loverboy zu verurteilen, sind vor allem objektive Beweismittel wichtig, die die begangene Straftat objektiv darlegen - beispielsweise Chatverläufe, Briefwechsel, Telefonüberwachungen, die statt/neben der Aussage des Opfers die begangene Straftat im Sinne des Strafrechts beweisen können. Natürlich sind Zeugenaussagen auch sehr wichtig. [...]" (Sandra Norak im Interview mit uns)

Mit Trauma vor Gericht

Für Betroffene ist ein Prozess sehr schwer. Sie treffen wieder auf ihren Loverboy und müssen über einen Teil ihres Lebens sprechen, der höchst traumatisch war. Das kann Angst auslösen und Traumata triggern. So kommt es dann zu inkonsistenten Aussagen, die dann dazu genutzt werden, um Betroffene unglaubwürdig aussehen zu lassen - obwohl sie nichts dafür kann.

Oftmals fehlt im Bereich der Justiz noch die Sensibilität für Trauma und das Bewusstsein, wie man mit Betroffenen umgeht, um sie nicht zu retraumatisieren. Es ist sehr, sehr häufig, dass Betroffene in den Prozessen retraumatisiert werden
— Sandra Norak im Interview mit uns

Du willst deinen Loverboy anzeigen?

Sandra empfiehlt folgendes Vorgehen: “Ich würde zunächst raten, einen guten Anwalt aufzusuchen. Dort bekommt man dann sowieso individuelle Beratung. Eine Möglichkeit ist dann, mit dieser Fachperson zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten. [...] Es ist auch eine Option, mit dem Anwalt eine schriftliche Anzeige vorzubereiten, mit allen Daten und allen Gegebenheiten, und diese dann an die Staatsanwaltschaft zu schicken. Dann wird man höchstwahrscheinlich nochmal zu einer Vernehmung geladen werden, hat aber schonmal das Wichtigste gesagt, was man sagen möchte.” (Sandra Norak im Interview mit uns) 

Wenn du an einen Loverboy geraten bist und Hilfe und Unterstützung brauchst, melde dich bei einer Beratungsstelle! Dort bekommst du wichtige Ratschläge, Begleitung bei den nächsten Schritten und weitere wichtige Kontakte! Du musst da nicht alleine durch!


Quellen: